The Vision of my Version
Das zweite Buch

10.
Auf dem Weg zum
Blocksberg

Er erwachte an diesem Morgen früh und gähnte herzhaft wie ein Löwe. Er fuhr sich durch sein dunkelblondes Haar, was inzwischen schon wesentlich länger und ungezähmter als damals war, als er seine Familie, bzw. Freunde verließ.
Er richtete sich grimmig auf, stützte sich mit seinen Händen ab und sah sich um. Eine hübsche Waldlichtung war das hier, wahrlich gemütlich und ruhig. Und trotzdem konnte er nicht hierbleiben.
Nur noch ein paar Stunden Fußmarsch, dann würde er angekommen sein.
Er stellte fest, dass sein Proviant fast aufgebraucht war ...
Na, dachte sich Godric Gryffindor. Hoffentlich werden sie genug zu essen haben! Ich bin am verhungern!
Seine Sachen gepackt und seinem verschlafenem Gähnen trotzend, machte er sich wieder auf den Weg. Er war über das Nordmeer gereist, hatte so einige Landesgrenzen überquert, ohne jemanden zu finden, wegen dem oder der er eigentlich auf Reisen war. Dann hatte er Gerüchte gehört, je näher er den südöstlichen Alpen kam, dass im Harz ein Berg war, auf dessen Gipfeln sich Hexen und Zauberer zu einem Fest treffen würden.
Der Hexensabbath auf dem Blocksberg.
Es waren zwar die Worte eines Muggels gewesen ... eines Muggels, in dessen Bauch schon einige Humpen fröhlich umherschwabbten, aber Godric wollte ausnahmsweise mal dessen Worten vertrauen und folgte seinem Instinkt!
Nach einer Stunde Fußmarsch knurrte ihm der Magen und er stöhnte.
"Ich armer Mann." Bemitleidete er sich selbst. "Abgemagert bis auf die Knochen muss ich hungern und ..."
Ein Geräusch kam aus dem Gebüsch vor ihm und er hielt inne.
Er beobachtete ein Wildschwein, was sich grunzend offenbar in Sicherheit wiegte, denn es begann sich vor Vergnügen in einer Schlammpfütze zu wälzen.
Die Gefahr war nur ein paar Meter entfernt. Godric grinste breit und ihm lief das Wasser im Munde zusammen.
Warum kommen diese Tiere eigentlich immer zu rechten Zeit, wenn ich Hunger habe ..., dachte er.
Er nahm Anlauf, sprang auf das Wildschwein zu ... und stürzte in die Schlammpfütze. Er hörte das Schwein grunzen, als würde es ihn auslachen.
Godric wischte sich den Schlamm aus dem Gesicht ... dann rannte er los. Das Schwein lief davon, er hinterher!
Natürlich führte diese Verfolgungsjagd - die uns allen natürlich ein wenig bekannt vorkommt - dazu, dass Godric vom Weg abkam.
So kam es auch, dass das Schwein Zuflucht in einem Gebüsch suchte. Godric hüpfte drüber hinweg und ...
Und fiel beinahe einen steilen, felsigen Abhang herab. Reflexartig hielt er sich an der Wurzel des Gebüsches fest, die aus der Erde ragte und taumelte mit den Beinen ins Leere bis er einigermaßen sicheren Fels darunter erspürte. Er atmete schwer und bemerkte erst jetzt, wieviel Anstrengung ihn die Jagd gekostet hatte. Seine Hände waren voll von Schweiß, so dass er fast schon drohte abzurutschen.
Hinzu kam eine hübsche Briese, die ihm seinen alten Hut vom Kopf wehte.
"NEIN! NICHT AUCH DAS NOCH!" rief er, konnte den Hut aber nicht mehr erfassen. Dieser schien seinen Flug allerdings zu genießen.

Apropo, hatte ich bereits erwähnt, dass dieser Hut, den Godric einst in Hogwarts gefunden hatte, ein besonderer Hut war?Mir war öfters aufgefallen, wenn er scheinbar alleine war, dass er diese Selbstgespräche führte ... und immer hatte er ihn dabei aufgesetzt gehabt.
Nun wollen wir ihn aber nicht länger hängen lassen, nicht wahr? Keine Angst, Godric, Hilfe naht!

Da hang er also am seidenen Faden, besser gesagt, an der kratzigen Wurzel seines Lebens und fand keine Möglichkeit, sich hochzuhangeln. Sein Gepäck und sein schwerer Reiseumhang zog seinen Oberkörper stark nach unten.
Godric biss sich auf die Lippe. Sollte er wertvolle Aufzeichungen, die ihm Salazar geliehen hatte, in den Abgrund stürzen lassen?
Er wollte gerade den Riemen um seine Schultern lösen, als er Stimmen vernahm.
"Hier drüben müsste es irgendwo sein!" rief die Stimme eines jungen Burschen. "Von hier kam der Schrei."
"Sei vorsichtig, Salem!" rief ein anderer. "Da ist ein ziemlich steiler Abhang ..."
Godric sah nach oben. Das Gebüsch regte sich und jemand schob es auseinander. Ein junges Gesicht von dunklem, glatten Haar umrahmt, blickte ihm entgegen.
"Nicht bewegen!" rief er. "Wir helfen euch sofort hinauf!"

Insgesamt waren es genau drei junge Burschen, die ihm da aus der Patsche halfen. Sie waren sehr gastfreundlich und gaben Godric etwas von ihrem Proviant zu essen, als er wieder sicheren Boden unter den Füßen hatte.
Godric bedankte sich und fühlte sich auf einmal, als er es sich auf ihrem Rastplatz bequem machte, ziemlich alt.
Sie alle drei wirkten, als wären sie gerade frisch von zu Hause ausgerissen. So wie er damals, bevor er zu Salazar und Helga unter den Sumpf zog.
Derjenige, der ihn entdeckt hatte, hatte die treuen Augen eines Hundes. Ein weiterer, mit wesentlich hellerem Haar, trug den Namen Romulus und hatte ein sehr ruhiges und sanftes Verhalten. Und der dritte, derjenige, der den ersten mit Salem angesprochen hatte, hieß Gwydion. Er hatte das schlauste Aussehen der drei, hatte helle Augen und rabenschwarzes Haar.
"Nun ... Godric, so dürfen wir euch doch nennen, oder?" fragte Gwydion.
"Natürlich." Antwortete Godric unsicher lächelnd. Ohne seinen Hut kam er sich unsagbar nackt vor - und wesentlich kleiner. Und dennoch war er fasziniert von der Jugend der drei Gesichter.
"Ihr kommt aus der Bretagne, nicht wahr? Wir auch!" sagte Salem.
Godric verschluckte sich, als er den Wasserschlauch angesetzt hatte, um zu trinken. Natürlich! Sie sprachen seine Sprache! Wie konnte er nur so dumm sein?
"Aus der Bretragne?! Ja, da komm ich her... aber was macht ihr Grünschnäbel so weit von Zuhause entfernt?"
"Wir sind keine Grünschnäbel ..." knurrte Salem. "Wir sind  ..."
"Wir haben unsere Gründe. Wir sind nicht ohne Ziel." Sagte Romulus weise.
Salem sah ihn skeptisch an, tauschte dann einen Blick mit Gwydion, der mit den Achseln zuckte.
Nachdem Godric gegessen hatte, stand er auf. "Nun ... wohl an ans Werk! Ich muss weiter. Ich danke euch dreien für die Rettung. Ich muss meinen Hut suchen ..." fügte er leise hinzu.
"Euren Hut?" fragte Gwydion verdutzt.
"Meinen Hut." Bestätigte Godric und winkte zum Abschied. "Vielen Dank für das Essen!"
Und so marschierte er los.
Es war nicht viel Zeit vergangen - Godric ging vorsichtig entlang des Abhangs - da vernahm der Zauberer ein seltsames Kribbeln in seinem Nacken. Jemand beobachtete ihn ... oder verfolgte ihn sogar.
Er hielt inne und wandte den Blick hinter sich. War da nicht gerade ein schwarzer Haarschopf hinter dem Busch verschwunden...?
Godric lächelte wissend. Spitzbuben, dachte er und ging weiter.
Je weiter er den Abhang entlangging, desto ebener wurde er und bald fand Godric einen Platz, wo er mühelos hinunterspringen konnte, ohne sich irgendwas zu brechen.
Er grübelte und versuchte sich zu orientieren. Wo konnte sein Hut nur hingeflogen sein?
Ob er die Windrichtung feststellen sollte? Nein, das würde nicht viel aussagen ...
Er ging nun unterhalb des Abhangs den Weg zurück ... Drachengalle war das! So würde er ihn niemals finden und doch ...
Godric hielt inne.
Als wenn er auf ihn gewartet hätte, saß - nein, lag der Hut auf einem großen Stein und schien nun die Sonne zu genießen.
"Da steckst du ..." murmelte Godric und seufzte auf. Er besah ihn prüfend, bevor er ihn sich wieder aufsetzte.
Drei gewisse Spitzbuben wunderten sich, als der merkwürdige Fremde Selbstgespräche begann, nachdem er den Hut aufgesetzt hatte.
"Glaubst du, er ist ein ...?"
"Natürlich! ´siehst doch, wie er sich benimmt!"
"Man sollte nicht nach dem Äußeren urteilen ..."
"Mensch, Romulus! Es ist bei Nahe offensichtlich!"
"Eben ..."

Gegen Abend erreichte Godric den Fuß des Blocksbergs und er sah, wie auch andere Gestalten bereits den Weg nach oben fanden oder hinter ihm aufkreuzten. Sie sahen nicht minder merkwürdiger aus als er. Und so folgte er ihnen. 
Es war ein kühler, wilder Wind, der sie alle umspielte und ihre Vorfreude auf die Festlichkeiten aufwehte. Die Abendröte ließ das Ganze in einem unwirklichem Licht erscheinen - wie eine Ankündigung, dass die Nacht bald zum Tage werden würde.
Auch drei Paar anderer Füße waren aufgeregt den Gestalten gefolgt.
Das erste, was Godric oben vernahm, waren die Klänge von Musikinstrumenten. Sie wurden für die verschiedensten Rituale und Zeremonien gestimmt. Hexen wie auch Zauberer amüsierten sich jetzt bereits, umarmten sich, weil sie sich lange nicht gesehen hatten oder unterhielten und diskutierten über ihre neuesten Zaubereien und Verhexungen in den verschiedensten Akzenten.
"Du kannst doch nischt einfach einen Salamander in eine Kröte verwandeln und es dann dabei belassen!? 'ast du dabei auch mal an die Konsequenzen gedacht?" empörte sich offensichtlich eine französische Hexe über einen Zauberer, bei dem Godric auf Sibirien tippte.
"Der Feuersalamander ... bzw. die Kröte war sehr glücklich darüber, glaub mir!" antwortete dieser und presentierte eine schwarze Kröte mit orangenroten Streifen und emailblauen Augen, aus deren Maul Rauch aufzusteigen schien.
"Du und deine Schönheitstränke ... für mich bist du auch ohne sie, die hübscheste Hexe unter der Sonne." Sagte ein anderer Zauberer zu einer jungen Hexe mit einer Warze auf der Nase. Er nahm sie in die Arme und küsste sie.
Zum ersten Male war Godric ein Beobachter, der schon fast teilnahmslos dastand. Es war unglaublich, wer dort alles versammelt war. An diese Menschenmassen musste er sich erst einmal gewöhnen. Wie sollten  Helga, Rowena, Salazar und er da Schüler ausbilden, wenn die anderen doch beileibe so überlegen schienen?
Die Unübersichtlichkeit der Menge nutzten auch die drei Spitzbuben, die sich fasziniert unters Volk mischten.
Doch Godric bemerkte sie und hob die Brauen. Wenn das mal gut ging, dachte er. Sie, als Muggel, würden hier nicht sicher sein. Besser, er schlich ihnen nach.
Die drei steckten die Köpfe zusammen. "Wir sind am Ziel." Sagte Salem.
"Keine Frage." Bestätigte Gwydion.
"Aber wer wäre bereit uns auszubilden?" fragte Romulus.
"Wir müssen sie fragen. Nicht umsonst sind wir soweit gereist."
Sie bemerkten ihren Beobachter nicht.
"Zum Glück müssen wir uns heute nicht mehr verbergen." Meinte Salem. "Ich hätte diesen hochnäsigen Gelehrten, die zu dieser Muggelschule gingen, gerne ein paar Verwünschungen an den Hals gejagt. `Warum gehst du denn nicht zur Schule?!`" äffte Salem dessen Stimme nach. "`Ach, ich vergaß ... du hast kein Geld!` Pah!"
In Godrics Kopf ertönte ein triumpfierendes Horn. Also waren sie doch nicht irrtümlich auf diesem Berg ... sondern sie waren zur rechten Zeit am rechten Ort. Und diese drei Jungen waren genau nach seinem Geschmack.
"Vielleicht kann ich meinen werten Rettern und Verfolgern behilflich sein?"
Sie zuckten zusammen und sahen ihn an - erst waren sie überrascht, doch dann wunderte sie gar nichts mehr.
"Wir grüßen euch, Zauberer Godric." Grinste Gwydion.
"Euch ebenso, ihr jungen Zauberer." Schmunzelte Godric. "Ich möchte euch einen Vorschlag machen ... Was würdet ihr davon halten, künftig in einem Schloss zu wohnen?"
So wurden diese drei jungen Burschen - die ihr Talent doch sehr gut verbergen konnten - zu Godrics Schülern. Die Vorstellung, dass ihnen ein ganzes Schloss mit anderen Lehrlingen zur Verfügung stehen sollte, war beinahe schon zu viel des Guten. Dort würden sie sicher vor neugierigen Muggelaugen sein, die sie und ihresgleichen nicht verstehen würden.
Und in der Nacht, als die Sterne schon hoch am Himmel standen ...
Die Hexen und Zauberer hatten sich um den Berg von Gestrüpp und Holz versammelt und ein alter Mann trat hervor, sowie eine alte Frau. Er war in einer samtroten Robe gewandet und ein langer silberner Bart schaute aus der Kapuze hervor. Sie hingegen wirkte eher wie eine Bettlersfrau, mit Kopftuch und krummer Nase. Das Bermerkenswerte an ihr war allerdings die graue fahle Haut, die sie innehatte. Godric hörte jemanden den Namen "Baba Jaga"* flüstern. Wieder Sibirien, dachte Godric.
Der Mann trat vor das Gestrüpp und Baba Jaga erhob das Wort: "Liebe Freunde! Liebe Verwandte und Seelenverwandte! Erneut treffen wir zusammen, um uns am Tanz des Abends zu vergnügen! Dem Tanz um das helle Feuer. Und so bitte ich nun um Ruhe ... damit unser Feuermeister seine Kräfte sammeln kann."
Baga Jaga trat zurück und überließ den alten Feuermeister den Schaulustigen, die erwartungsvoll schwiegen.
Er schlug seine Kapuze zurück und Godric und seine neuen Schüler sahen das älteste Gesicht, was sie jemals gesehen hatten. Er war totenbleich und verrunzelt, der Feuermeister. Seine Augen waren längst vom grauem Star heimgesucht.
Er hörte, wie seine drei Neu-Lehrlinge flüsterten ...Er sah zu ihnen und schüttelte den Kopf. Auch sie schwiegen nun ...
Die zittrigen Hände und die gebeugte Haltung des Feuermeisters vollführten eine graziöse Handbewegung. Nichts passierte.
Er wiederholte sie erneut. Wieder passierte nichts.
"Ich glaub, da stimmt was nicht." Flüsterte Gwydion seinen Freunden zu.
Godric seufzte. Aber er nickte und wusste genau, dass das Feuer schon längst hätte prasseln müssen. Er musste es ja wissen ...
Das Gesicht des alten Mannes wandte sich traurig zu Boden, dann hob es sich wieder und er wiederholte verzweifelt dieselbe Handbewegung.
Währenddessen rieb Godric unauffällig die Hände aneinander, sodass diese erwärmt wurden. Er hielt dabei den Blickkontakt mit dem Holzhaufen, wo der Feuermeister es immernoch verzweifelt versuchte. Er konnte dessen Gedankengänge sehr gut erahnen: Warum geht es nicht mehr? Bin ich schon so alt, dass ich es nicht mehr fertigbringe, dieses verdammte Holz anzuzünden?
Der Wind begann zu pfeifen, peitschte über das Fest der Hexen und der Zauberer weg. Godrics gedankliches Stoßgebet an seine eigene Hitze hatte ihn angestachelt.
Als die Hitze zwischen Godrics Händen nicht mehr aufzuhalten war, holte er sie mit offenener Handfläche aus seinem Umhang hervor.
Seinen Händen entglitten kleine Hitzefünkchen, die vom Wind zum Holzscheitel getragen wurden.
Das Feuer entbrannte ... Die Menge geriet in Jubel und die Musik begann zu spielen. Der alte Feuermeister seufzte erleichtert auf und Godric sah Tränen in dessen Augen. Ein junges Hexlein forderte den Feuermeister darauf zum Tanze auf. Er gönnte es ihm und drehte sich darauf zu Gwydion, Romulus und Salem um. Diese waren allerdings schon längst selbst in Aktion getreten.
Niemand hatte den kleinen Schwindel bemerkt, der auf Godrics Mist gewachsen war.
 Außer ...
Eine Krähe zog über den Hexen und Zauberern ihre Kreise. Sie hatte sehr wohl mitbekommen, wer das Feuer entzündet hatte ... Roweana.

*Für Leute, die früher die slawischen Märchen im Fernsehen geguckt haben, wird sie ein Begriff sein. Die alte, schrullige, kinderfressende Hexe aus dem Häuschen mit Hühnerbeinen. Ein ähnlicher Ruf, die die Hexe aus dem berühmten Märchen "Hänsel und Gretel" inne hat.
Aber natürlich ist diese Hexe Baba Jaga auch eine Legende, die darauf beruht, dass sie junge Mädchen bei sich aufnahm oder auch von ihren Familien fortnahm, um sie dann für sich arbeiten zu lassen. Allerdings wurden die Mädchen für ihre harte Arbeit belohnt, sobald sie achtzehn Jahre alt waren und haben ebenso kleine Zauberkunststückchen erlernt.

 

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