Die folgende Geschichte ist eine Mischung aus Fiktion und Legenden. Ich habe mich ein wenig inspirieren lassen, seitdem ich mal wieder zu einem Sachbuch über Druiden, Kelten und natürlich der Artussage gegriffen habe und habe versucht so gut es geht, gewisse Sagen miteinzufangen.
Diese Geschichte gehört im Grunde nicht zu "The Vision of my Version", aber sie spielt zu der Zeit der Gründer, wie sie als junge Leute gemeinsam das Land erkundeten. Auch hier wird nichts Großartiges über ihren gesellschaftlichen Stand erzählt und an Hogwarts verschwenden sie noch keinen einzigen Gedanken - einfach, weil sie selber noch lernen und versuchen, ihren eigenen Charakter zu formen.
Betrachtet den folgenden Text einfach als eine Art "Lockerungsübung" von mir. ;-)
Und nun wünsche ich viel Vergnügen!
Der Feenring
(The Fairyring by Tanwen)
Auf einem Hügel irgendwo in Großbritannien rasteten sie. Unsere vier Freunde, die wir in unserer Fantasie schon durch so viele Abenteuer begleitet hatten, waren müde und erschöpft.
Allerdings noch nicht so müde, dass sie ohne eine Gute-Nacht-Geschichte von dem Wortgewantesten unter ihnen einschlafen konnten. Salazar machte es jedoch nichts aus - er genoss es, wenn sie ihm förmlich an den Lippen hangen und jedes einzelnde Wort in sich aufsaugten. Nur Godric schlief nach der Hälfte der Geschichte ein und schnarchte. Helga, die Rothaarige mit der frechen Nase, schmiss Godric, während Salazar weitererzählte, die Decke über den Kopf. Da dieser darauf nur einen brummigen Laut von sich gab und seelenruhig weiterschlummerte, mussten die drei grinsen.
"Nun, wo war ich ... achja ... Nuadu mit der Silberhand.
Nachdem er gemeinsam mit dem Rest der Tuatha De Danaan die Fir Bolg bezwungen hatte und er seine Hand verlor, wurde diese durch eine Silberne ersetzt. Natürlich nicht ohne gewisse Zauberkräfte - so ein Opfer muss schließlich belohnt werden, wenn ihr versteht was ich meine. Ob freiwillig oder unfreiwillig.
Jedenfalls starb Nuadu später im Kampf gegen die Milesier. Balor mit dem bösen Blick erschlug ihn ... dies ist allerdings die Version der Muggel."
Helga und Rowena schwiegen und wussten genau, dass Salazar sie förmlich herausforderte, nachzufragen.
Rowenas Brauen hoben sich in die Höhe und sie gab sich einen Ruck. "Und was ist unsere Version?"
"Ich weiß nicht ... es ist schon spät ..." grinste Salazar. "Kleine Mädchen wie ihr sollten längst schlafen."
Das mit den "Kleinen Mädchen" war natürlich nur ein kleiner Spaß von seiner Seite. Rowena und Helga waren bereits erwachsen, so dass sich so mancher Männerhals nach ihnen reckte, wenn sie durch Städte zogen. Aber ihren Freunden - vor allem Godric - schwellten vor Stolz dabei die Brust.
"Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen." schmollte Rowena.
"Ich glaub, er wartet nur darauf, dass wir ihm wieder Honig ums Maul schmieren." Helga schüttelte bei diesen Worten tadelnd den Kopf in seine Richtung.
Um die Situation zu retten und sich die beiden Hexen wieder wohlgesonnen zu machen, erzählte er weiter:
"Ihr müsst wissen, die Tuatha de Danaan hatten vier magische Gegenstände. Einen Stein, ein Schwert, einen Speer und einen Kessel. Und dieser Kessel war dazu da, gefallene Kämpfer wieder aufzupäppeln. Natürlich nicht ohne Verhängnis, denn die Muggel, die sich der Macht des Kessels bedienten, wurden zu gefühlslosen Kampfmaschinen, die nicht sterben konnten."
Helga hob die Brauen. "Lass mich raten ... auf die Tuatha de Danaan hatte der Kessel eine völlig andere Wirkung?"
Salazar grinste. "Meine Anerkennung, Helga! Du liegst vollkommen richtig! Denn von diesem Kessel stammte auch Nuadus Silberhand. Und nach dem letzten Kampf der Tuatha de Danaan gegen die Milesier, zogen diese sich nach Annwn zurück ... in die Anderwelt. Und Nuadu ging mit ihnen, durch die Macht des Kessels wiederbelebt. Aber die vier magischen Gegenstände ... sind immernoch irgendwo in dieser Welt ausfindig zu machen. Aber nie hat sie irgendwer zu Gesicht bekommen."
"Und deswegen nennt man das eine Legende und keine wahre Geschichte ..." sagte Rowena neunmalklug.
"Richtig, aber wenn ihr meine Meinung hören wollt ..." wandte Salazar ein.
"... gibt es die Gegenstände wirklich und ich würde sämtliche Ahnenreihen dafür aufgeben, um auch nur eines von ihnen zu Gesicht zu bekommen." Beendete Rowena für ihn den Satz. "Gute Nacht, Salazar!" sagte sie und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Dann legte sie sich in ihre Schlafrolle und wandte dem Lagerfeuer und den anderen den Rücken zu.
Salazar blinzelte ihr verwirrt hinterher, rieb sich die Wange und sah zu Helga. Diese reagierte sehr perplex.
"Vergiss es! Von mir kriegst du keinen!" knurrte sie, dann legte auch sie sich schlafen.
Frauen, dachte Salazar. Ein ewiges Rätsel für die Männer.
Das Lagerfeuer war erloschen und nur die glühenden Kohlen spendeten ihnen noch Wärme. Salazar hatte sich ebenso schon längst zum Schlafen hingelegt, nicht ohne schützende Bannkreise gegen neugierige Muggel zu legen. Jedoch, eines hatte er nicht bedacht ...
Godric erwachte und im Halbschlaf hörte er ein merkwürdiges Geräusch. Er rieb sich Augen und Ohren - wann hatte er sie das letzte mal gewaschen? Am Donnerstag? - und lauschte.
Waren das etwa Harfenklänge?
Er blickte Richtung Norden. Was ist denn das?, dachte Godric. Wo kommt der Wald auf einmal her?
Tatsächlich, direkt vor ihnen war ein Waldrand zu sehen. Und aus dessen Dickkicht schienen auch die eigenartig melodischen Harfenklänge zu kommen.
Er blickte zu seinen Freunden, bemerkte grinsend Salazar. Der sonst so unnahbare Zauberer schien im Traum jemanden zu umarmen.
Leise schlich Godric sich fort, neugierig, was es mit dem plötzlichem Erscheinen des Waldes auf sich hatte.
Doch ein Salazar Slytherin wäre nicht einer der größten Vier zu seiner Zeit gewesen, hätte er nicht bemerkt, wie einer seine Bannkreise überschritt. Er schreckte hoch und blickte in Godrics Richtung. Was hatte der Idiot schon wieder vor? Musste er pinkeln? So war es wohl, denn er steuerte direkt auf das kleine Wäldchen zu.
Salazar legte gähnend den Kopf wieder auf sein Lager ... und streckte ihn je wieder nach oben. Wäldchen?! Wo um alles in der Welt kam der Wald denn jetzt her? In dieser Gegend waren grüne, baumlose Wiesen! Aber keine Wäldchen!
Irgendwas war da im Busch ... besser gesagt im Wald. Salazar blickte zu den beiden Hexen. Die können auf sich selber aufpassen, beruhigte ihn sein inneres Stimmchen und er setzte einen Fuß aus seinem Bannkreis, worauf dieser sich sofort auflöste.
Im Laufschritt folgte er seinem tollkühnen Freund ins Dickkicht hinein, bis er irgendwann in einen schleichenden Gang verfiel.
Godric passierte eine Lichtung ... und nun vernahm auch Salazar die mysteriösen Harfenklänge.
Was sie beide jedoch sahen, waren die schönsten Frauen, die sie jemals erblickt hatten. Sie tanzten zwischen einem Kreis aus vier Felsen in leichtfüßigen Schritten umher. Ihre weißen, durchsichtigen Gewänder schwebten wie eine leichte Briese durch die Nacht.
In ihren blauen Augen glaubte man Sterne aufblitzen zu sehen und ihre elfenbeinweiße Haut leuchtete im Vollmondlicht.
Sie sangen, unnatürlich bezaubernd schön:
"So folge uns,
tanze mit uns,
tritt unserem Ringe bei.
So folge uns,
tanze mit uns,
zeige keine Scheu.
Wir sehnen uns
nach deinen starken Armen,
es ist eine Kunst
dich zu umgarnen.
So folge uns,
tanze mit uns,
tritt ein in unseren Ring.
Vergiss die Zeit,
verlass das Leid,
schwebe mit uns fort.
Vergiss die Zeit,
verlass das Leid,
vergesse deine Vergangenheit."
Die Feen erblickten Godric und kamen ihm entgegen... Salazar konnte sich gerade noch von den verführerischen Bewegungen losreißen, denn er wusste, er durfte sich jetzt nicht seinen Trieben hingeben!
Nein nein nein, er wusste, womit er es hier zutun hatte! Es war eine ganz besondere Feenart, die da vor ihnen tanzte. Hoffentlich hatten sie ihn noch nicht entdeckt!
Aber für Godric kam fast jede Hilfe zu spät! Er war ganz in ihren Bann geraten.
Sobald er den Kreis betreten hatte, würden sie sich förmlich auf ihn stürzen und ihn mit sich nehmen - ihn entführen.
Sie würden ihn in die Anderwelt entführen, an den Hofe des Gwyn. Der Sohn von Nuada, dem König der Tuatha de Danaan.
Salazar bekam eine Gänsehaut, als er daran dachte, wie es sich wohl nun in Godrics Haut anfühlen musste. Sich so gehen zu lassen, war einfach ... unheimlich.
Er versuchte sich zu beruhigen. Die Anderwelt ... dieser wunderbare und zugleich gefährliche Ort ... es gab ihn also wirklich.
Aber noch! - noch war es nicht zu spät. Wenn Salazar sich richtig an die Bräuche des Feenvolkes erinnerte, die man ihm damals als kleines Kind erzählt hatte, musste Godric erst Nahrung aus deren Welt zu sich nehmen, bevor sie die entgültige Macht über seine Seele erlangen würden.
Godric drehte sich im Takt zur Musik, ließ sich von den Feen betüteln und die Haare verspielt zerzauseln. Doch seine Augäpfel waren so ziemlich nach innen gedreht.
Wenn das alles nicht so ernst gewesen wäre, hätte Salazar sich Godrics peinliches Verhalten gemerkt. Dann hätte sich sicher einiges zu seinen Gunsten ergeben.
Godric war nun im Inneren des Feenkreises. Die Feen schlangen die Arme um seinen Bauch und streichelten ihn dabei, während sie ihn zur Mitte geleiteten. Die Pforte zur Anderwelt öffnete sich in einem gleißenden Licht und der Zauberer ließ sich zu seinem Verderben begleiten.
Salazar nutzte die Aufmerksamkeit der Feen, die sie Godric widmeten, aus und trat ebenso über den Ring. Er musste ihnen folgen - er musste!
Wamm! Zu früh gefreut.
Ein wildes Gekreische brach aus, als die Feen ihn bemerkt hatten. Sie sprangen auf Salazar zu. Eine von ihnen hatte sich förmlich auf ihn geschmissen, sodass er nun auf dem Rücken lag.
An sich wäre es ja auch nicht so schlimm gewesen, doch statt der schönen, engelsgleichen Gesichter, kreischten ihn die Fratzen von hässlichen alten, grüngesichtigen Weibern an. Das glänzende Haar schien zu strähnigem Pech zu verfaulen. Sie bekamen Warzen und vor allem lange Nasen wie Vögel. Ihre krummen Zähne wollten ihn beißen, ihn verletzen und fortjagen.
Salazar verzog keine Miene, eher war er damit beschäftigt eine leise Beschwörung zu murmeln. Er disapparierte und tauchte nahe der Pforte, wodurch Godric und fünf andere Feen längst verschwunden waren, wieder auf.
Fast gleichzeitig war ein anderer Salazar damit beschäftigt, sich nun heftigst gegen die annahende Feenschar zu wehren - natürlich ohne Magie.
Salazar hatte soeben den Zauber eines Simulacrums erfolgreich gemeistert - eines Doppelgängers der aussah wie er, sprach wie er, aber nicht zauberte und fühlte wie er.
Die Feen konnten schließlich nicht ahnen, was Salazar für einer war. So betrat dieser nun seelenruhig, als würde er jeden Tag hier spazieren gehen, die Pforte.
Aber innerlich tobte es in ihm, vor aufregender Erwartung. Sein Herz schlug Purzelbäume.
Die Anderwelt ... wie weit waren andere Zauberer schon bis hierher vorgedrungen? Nur Merlin und vielleicht ein paar Unbekannte hatten diese Grenze bisher überschritten.
Es war, als würde er eine Oberfläche aus lauwarmen Wasser durchschreiten. Dahinter empfing ihn eine sanfte, kühle Brise. Salazar sah sich um.
Es sah nicht viel anders aus, als drüben ... nur hier schien es Tag zu sein. Grüne, saftige Wiesen, sogar ein paar Blumen die sich vom Wind hin und her wiegen ließen und weiches Moos bildeten einen nicht enden wollenden Teppich.
Am Himmel war keine einzige Wolke, nur wunderschönes, warmes Emailblau war zu sehen.
In der Ferne hörte er dann die Feen ... Blödsinn, er hörte Godric!
Salazar eilte sich und konnte auf dem Gipfel eines Hügels die Feen - inzwischen ebenso in der Gestalt der alten Weiber - die Godric zwischen sich genommen hatten, erkennen.
Warum er die Stimmen der Feen mit Godric verwechselt hatte? Weil Godric nun genau dasselbe blöde Lied sang, immernoch diesen bescheuerten Tanz aufführte und sich immer wieder in die Arme eines alten Weibes fallen ließ.
"Vergiss die Zeit,
verlass das Leid,
schwebe mit uns fort.
Nichts würde ich lieber tun, meine Süßen!"
Offensichtlich war die Illusion bei ihm noch vorhanden ...
Salazar lief ein Schauer über den Rücken vor Ekel, versuchte sich aber dann einen Überblick über das vor ihm liegende Land zu verschaffen.
Wer weiß, was hier noch alles herumlungerte ... vielleicht würde er eines Tages auf diese sonderbare Welt zurückkommen können - jetzt galt es erst mal seinen Freund aus den Fängen von Gwyn zu befreien. So sputete er sich und nahm die Verfolgung auf.
Es dauerte nicht lange, bis die Feen und Godric urplötzlich um eine Biegung verschwanden. Salazar war verwirrt. Waren sie hinter dem Hügel verschwunden? So musste es sein ...
Dahinter erblickte er einen Höhleneingang, felsig und mit Moos bewachsen. Für jemanden wie Salazar wirkte dies mehr als einladend und so zeigte er keine Scheu einzutreten.
Zu seiner Verwunderung fand er einen, mit Fackeln erleuchteten Gang vor, der schräg und tief hinunterführte. Er hörte sogar ein bisschen Wasser plätschern, als er nahe an den Wänden ging, um nicht gesehen zu werden.
Nach einer Weile hob sich der Gang langsam wieder in die waagerechte Richtung und er weitete sich zu einem Raum aus.
Salazar erblickte die Feen, die wieder ihre hübsche Gestalt angenommen hatten. Sie standen vor einem Tor, was verziert wurde durch eine Zeichnung. Es sah aus, wie ein unlösbares Labyrinth.
"Gewehret uns Einlass, ihr zwei Drachen. Vor euch stehen die Feen aus dem Volk des Gwyn." Sprachen die Feen mit ihren weichen, melodischen Stimmen.
Salazar stutzte. Drachen?
Er zuckte zusammen als er die donnernden Schritte hörte. Ein roter Drache kam von links, ein weißer Drache kam von rechts und sahen die Feen mit diamantenen Augen an.
"Ihr habt einen Sterblichen dabei." Sagten sie.
"Auf Wunsch des Feenkönigs Gwyn. Bitte gewehret uns Einlass."
Die zwei Drachen sahen sich an, dann nickten sie und das Tor öffnete sich. Es blendete ein bisschen, aber Salazar konnte einen Blick auf weiße Felsen erhaschen, als die Feen Godric hineingeleiteten, der immernoch dämlich, aber Merlin sei Dank leiser, das Lied vor sich herbrabbelte.
Das Tor begann sich langsam zu schließen... Drachen, dachte Salazar hibbelig und nervös. Er sah die beiden abwechselnd an.
Jetzt oder nie!
Flink hechtete er durch die Halle - über die Schwänze der aufgerüttelten Drachen hinwegspringend, die ihn natürlich bemerkt hatten. Diese versuchten Feuer nach ihm zu speien, brüllten vor Wut, dass jemand es auch nur wagen könnte an ihnen vorbei zu wollen, ohne sich anzukündigen.
"Fremder! Bleib zurück!" rief der Weiße.
"Du rennst in dein Verderben!" knurrte der Rote.
Doch Salazar hörte nicht auf sie. Und bevor das Tor sich schließen konnte, sprang er hindurch ... und landete mit dem Gesicht vorraus auf dem Boden, gerade rechtzeitig. Das Tor schloss sich nämlich in genau diesem Moment.
Er blickte hinter sich, verblüfft über seine eigene Tat. Geschafft ...
Ich hab´s geschafft, dachte er wieder und schmunzelte. Er blickte sich um.
Merkwürdige Gesichter waren das, die ihn dort anschauten. Sie waren in die weißen Wände gemeißelt. Sie ähnelten den weißen Gesichtern der Feen, nur waren sie ausdruckslos. Ähnlich wie venezianische Masken. Nur die Augen waren schwarz und leer.
Er richtete sich auf, klopfte sich den weißglitzernden Sand von seinem Umhang. Wirklich ... fast alles war hier weiß.
Dann traf ihn die Erkenntnis, dass der Name Gwyn im Grunde eigentlich "weiß" bedeutete und er kratzte sich nachdenklich am Bart.
So folgte er den Feen den Gang entlang, die leeren Blicke dieser "Masken" schienen ihm zu folgen. Denn im Grunde waren sie nichts anderes, wenn er an die wahren Gestalten der Feen dachte und wieder musste Salazar sich angewiedert schütteln.
Als würde man nur mit weißem Puder den schwarzen Dreck überdecken wollen.
Seine Schritte hallten im Gang wieder, aber niemand schien dies zu stören. Anscheinend nahm man an, dass die Drachen niemanden vorbeiließen, der nicht willkommen sei.
Er hörte, wie in der Ferne eine Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde und tatsächlich, da war wieder dieses Bild mit dem unlösbarem Labyrinth auf einer weißglitzernden Flügeltür abgebildet.
Salazar ging auf sie zu und grübelte. Aus welch merkwürdigem Material das alles hier doch bestand. Der Gang, die "Masken", die Säulen ... .
Vorsichtig drückte Salazar die Klinke der Tür hinunter.
Wieder ertönte Musik. Ein prächtiger Saal mit tanzenden Feen und Elfen war dort. Sie sangen zwar nicht, aber Harfenklänge und Flöten wurden gespielt. Musik, wie nicht von dieser Welt erfüllte den ganzen Saal. Einige Gestalten standen am Rande und beobachteten das Treiben. Diese Klänge waren so anders, als die, die er mit seinen drei Freunden in den Pubs gehört hatte.
Apropo Freunde - wo steckte eigentlich Godric?
Salazar huschte hinter eine Säule, hinter der er sich gut verbergen konnte. Godric war nirgends zu sehen ... Aber er hatte seine Aufmerksamkeit längst dem festlich geschmückten Tisch zugewendet, mit reichhaltigem Speis und Trank. Da saßen sie alle, die großen Namen der Tuatha de Danaan ...
Branwen, die weiße Brust ...
Rhiannon, die große Königin ...
Cernunnos, der Hirschgott mit dem Kopf eines Hirsches, der über das Gleichgewicht von Wald und Jagd wachte ...
Und selbst ein alter Mann mit einer silbernen Hand saß neben einem blassgesichtigem, blonden, zum Anschein jungen Mann. Nuadu und sein Sohn Gwyn.
Und noch viele andere saßen dort.
Gwyn erhob sich, der Tanz wurde aufgelöst und die Musik verstummte.
"Tretet vor, meine Töchter." Sprach er, seine Stimme hallte unwirklich im Saal wieder. Skeptisch beobachtete Salazar, wie die Feen hervortraten und Godric heranschleppten. Dieser schien allmählich aus seiner Trance zu erwachen und blickte nur verwirrt umher.
"Was soll das Ganze? Was ist das hier? Wie..."
Eine Fee küsste ihn und brachte ihn somit zum Schweigen, was er sich nur zu gern gefallen ließ. Die Feen kicherten, auch die Tuatha de Danaan waren mehr als nur belustigt.
Salazar verdrehte die Augen. Warum musste er gerade jetzt schweigen!?
Sonst plapperte er immer vergnügt drauf los - in Salazars Falle auch mal dazwischen.
König Gwyn grinste und seine blauen Augen leuchteten auf. "Seid willkommen. Ihr seid eingeladen an unserem Fest teilzuhaben. Setzt Euch zu uns, esst, trinkt und tanzt. Vergesst Eure Sorgen, die ihr auf der Erde hattet." Die Feen geleiteten Godric zu einem Platz neben Gwyn. Dieser setzte sich unsicher dorthin, blickte nur weiter dumm aus der Wäsche.
"Was ist das hier? Ich meine, ..." er hielt kurz inne. "... ist das nicht die Erde?" fragte er.
"Wollt Ihr nichts essen?" unterbrach ihn Gwyn.
"Ihr habt meine Fragen nicht beantwortet." Sagte Godric.
"Wenn ich sie Euch beantworte ... werdet Ihr Euch dann endlich sättigen?"
Salazar schüttelte den Kopf. Godric nickte.
"Ihr seid in der Anderwelt ... an meinem Hofstaat." Sagte Gwyn.
"Dass dies ein Hofstaat ist, ist nicht schwer zu erkennen." Meinte Godric und blickte sich um, nicht ohne wieder einen Blick auf die hübschen Feen zu werfen. Die eine, die ihn geküsst hatte, schien ein besonders großes Interesse an ihm zu haben, denn sie winkte ihm heimlich zu.
"Aber wessen Hofstaat ist es?" fragte er darauf und blickte Gwyn an. "Wer seid Ihr?"
Gwyn lächelte schief. "Nur einen Bissen ..." Sagte er
"... und Ihr werdet es wissen ..."
Godric hob die Braue und blickte auf seinen Teller, wo sich die herrlichsten Köstlichkeiten an Früchten boten. Seine Wahl traf auf einen Apfel und er untersuchte ihn gründlich. Er war hell, kein bisschen rot, fast genau so weiß, wie all die Wände und Säulen.
Salazar stockte und rannte - hinter den Säulen versteckt zum Kopf der Tafel hin. Nein, nicht!, beschwor er Godric in Gedanken. Tu es nicht!
Godric biss zu ...,
gerade als Salazar sich von hintem auf ihn stürzte und ihm schallend auf den Rücken klopfte. Der Rest der Früchte ging zu Boden, die Gestalten die neben Godric gesessen hatten wichen erschrocken zurück.
"Bist du des Wahnsinns?!" brüllte der - sonst so schweigsame - Zauberer und klopfte weiter, dass es wehtat. "Spuck ihn aus!"
Godric würgte und schließlich landete das, was von dem Apfel übrig geblieben war, hübsch vorgekaut auf König Gwyns Teller.
Dessen Blick war schwer zu deuten, als dieser langsam von seinem Geschirr zu Salazar aufsah.
"Was ist denn los!?" schrie Godric und sah Salazar verwirrt an.
Dieser fragte nur: "Alles draußen?"
"Wie kommst du überhaupt hierher?" fragte Godric.
"IST ALLES DRAUSSEN!?" wiederholte Salazar nur.
Godric nickte dann und Salazar seufzte auf.
"Gut!" sagte er dann und deutete auf Gwyn, der nun aufstand.
"Weißt du, wer das ist?!" fragte er dann. "Das ist Gwyn! Der Sohn von Nuada!"
Godric grübelte. "Nie von ihm gehört ..."
"Ich hab dir doch diesen Abend erst von ihm ..." Salazar hielt inne. "Achja ... stimmt, du bist ja eingeschlafen."
Während die beiden Zauberer miteinander diskutierten, blieb der ganze Hofstaat, außer der Tuatha de Danaan und König Gwyn still. Branwen flüsterte etwas einer Frau zu, die niemand anderes als Epona, die Hüterin der Pferde sein konnte. Und Cernunnos wandte sich an Arawn, dem Hüter der Anderwelt, dem Vater der Rhiannon.
"Meine beiden Herren Zauberer ..." erhob König Gwyn dann die Stimme und die Tuatha de Danaan schwiegen augenblicklich.
Salazar stockte, schwieg genauso augenblicklich, wie der Rest von Gwyns Familie und sah den König des Feenvolkes an. Er wusste von ihren Fähigkeiten?
"... es gibt keinen Grund zur Beunruhigung. Wir wollten Euch ... Godric war Euer Name, nicht wahr?" er blickte zu ihm. "... Wir wollten Euch doch bloß einladen, an unserem Fest teilzuhaben. Da ist doch nichts dabei."
Salazars Blick verfinsterte sich.
"Wir beide wissen, dass du lügst, Gwyn!"
Dieser verzog keine Miene. "Woher willst du das wissen ...? Wieso sollte ich lügen?"
"Weil jeder aus meiner Familie mich davor gewarnt hat - vor euch gewarnt hat! Jeder, der Nahrung aus eurer Welt zu sich nimmt, der kehrt nicht zurück! Oder falls er fliehen könnte, was nie vorkam, wäre seine Seele an diesem Ort hier gefangen!"
Godric schluckte und an den Schmollmündern der Feen konnte Salazar erkennen, dass es stimmte.
Gwyn grinste.
"Ein schlauer Zauberer bist du ... viel schlauer als unser gemeinsamer Freund es hier ist."
"Ich bin nicht dein Freund!" sagte Godric entrüstet.
"Unglücklicherweise ..." setzte Gwyn fort, "... aber ich bin mir sicher, das wird sich im Laufe der Jahrhunderte ändern."
"Wie darf ich das verstehen?" fragte Salazar skeptisch. "Godric hat nichts gegessen."
"Bei Nahe ... aber ..." Gwyn blickte lächelnd zu der Fee, die ihr Auge auf Godric geworfen hatte. "Amaryllis ... du hattest doch vorhin einen Kuss mit dem Zauberer hier ausgetauscht, nicht wahr?"
Godric sah zu ihr und seine Haltung verkrampfte sich etwas. Zum einen fühlte er sich wirklich zu ihr hingezogen, zum anderen saß der Gedanke, hier gefangen zu sein, einfach zu tief.
Amaryllis nickte schweigend.
"Und war nicht noch ein Tröpfchen Pfirsichnektar an deinen Lippen ...?" hakte Gwyn nach.
Sie nickte erneut und Godric stockte. "Aber ich wollte ..."
"Und ob du wolltest." Sagte Gwyn und blickte ihm nun direkt in die Augen. "Du hast von unserem Nektar gekostet ... und wolltest dann in einen Apfel beißen ... und hättest ihn auch gegessen, wenn nicht dein lästiger Freund dazwischengekommen wäre."
"Das kann man ihm nicht anrechnen, Gwyn!" sagte Salazar und knallte die Fäuste vor ihm auf den Tisch. "Das ist ungerecht!"
Godric sah währendessen erneut zu Amaryllis, als könne sie das alles wieder rückgängig machen. Sie blickte ihm entgegen und Salazar bemerkte eine Regung in ihren Augen. Erwärmte sich ihr Herz für ihn ...?
"Ich will keine Wiederworte mehr hören ... der junge Löwe bleibt hier ... die Schlange hat hier nichts mehr zu suchen ..." sagte Gwyn.
Godric und Salazar sahen sich an. Sie versuchten Antworten bei dem jeweils anderen zu finden, irgendeinen Hinweis, wie sie wieder aus diesem Schlamassel herauskommen könnten.
"Gwyn ..." sprach jemand. Rhiannon hatte sich erhoben.
"Warum hast du es so eilig? Wieso wollen wir denjenigen, der unseren Nektar genossen und unseren Apfel ausgespuckt hat, hierbehalten? Wie wäre es stattdessen mit einer Wette ... zu unser aller Unterhaltung."
"Die da wäre, Rhiannon?" fragte Gwyn.
"Ein Zweikampf ... gewinnst du, gehört Godrics Seele dir. Gewinnt Godric aber, ist er frei ... und du bist dann derjenige, der ihm zu gehorchen hat."
"Hmm ..." Gwyn schmunzelte.
Godric jedoch sah panisch zu Salazar. Das schaffe ich nie, dachte er und seine Augen verrieten es. Nie würde er gegen jemandem, der sein halbes Leben in der Anderwelt verbracht hat, gewinnen können!
"Ihr Zauberer seid schon aufmüpfig genug. Es ist höchste Zeit, dass man euch zeigt, wo eure Grenzen liegen. Nur eines ... wenn er verliert, müssen beide hierbleiben."
Na großartig, dachte Salazar, sagte jedoch nichts. Es war Godrics einzige Chance hier wieder rauszukommen.
Dieser tauschte wieder diesen unsicheren Blick mit ihm aus, ob das denn in Ordnung sei.
Salazar nickte ihm zu und legte ihm vertrauensvoll eine Hand auf dessen Schulter, was aber Godric die Situation nicht gerade leichter machte! Immerhin hatte er nun die Verantwortung für beide zu tragen!
"G-gut ..." sagte er dann und blickte zu Gwyn. "Was ... für ein Zweikampf?"
"Wir kreuzen die Schwerter ... das wirst du doch wohl können, Zauberer ...?!" höhnte sein Gegenüber.
Godric stockte. "Wie denn? Ich ... mein Schwert habe ich nicht hier ..."
Und außerdem ist es das Schwert meines Vaters und alt und rostig, fügte er in Gedanken hinzu. Und ich habe bis jetzt keinen Lehrer gefunden!
"Das ist kein Problem ... man wird dir genügend Waffen reichen ..." Rhiannon hatte die Stimme wieder erhoben. "Der Zweikampf findet dann morgen statt."
"Warum erst morgen?" hakte Salazar nach und erntete einen panischen Blick von Godric. "Warum nicht jetzt sofort?" Er hatte keine Lust noch mehr Zeit hier zu verbringen!
"Vielleicht wollt ihr ja noch ein bisschen mit uns feiern?" Rhiannon setzte ein gönnendes Lächeln auf und breitete die Arme aus. "Ihr könnt essen und trinken, was ihr wollt ... morgen wird sich sowieso entscheiden, ob ihr bleibt oder nicht."
Godric und Salazar waren sich einig. Ihnen war der Appetit gründlich vergangen!
Fortsetzung folgt ...